DE04: A. und F. Wetzlar

Amelie und Franziska Wetzlar

Amelie und Franziska Wetzlar betreiben den Milchschafhof Pimpinelle im Oderbruch, direkt an einer großen Flussschleife der alten Oder. Die beiden Unternehmerinnen halten eine Schafherde der Rasse Krainer Steinschafe.

In drei Gebäuden des Vierseithofs befinden sich die Milchschäferei und die Schafkäserei. Dort wird gemolken und die frische Schafmilch der eigenen Herde zu verschiedenen handgemachten Schafkäsen, Joghurt und Quark verarbeitet. Die Produkte werden ab Hof, über Bioläden in der Region und den Berliner Käsehandel vermarktet.

Nachhaltigkeit bedeutet für die Betriebsleiterinnen nicht nur möglichst kurze Transportwege und eine konsequent ökologische Erzeugung und Verarbeitung, sondern auch ein Wirtschaften in Kreisläufen. Dazu gehört die extensive Weidehaltung der Tiere, eigene Heugewinnung, die Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung mit nahegelegenen Kleinbetrieben und ein energie- und ressourcensparendes Wirtschaften. Die sinnvolle Nutzung möglichst aller anfallender Wertstoffe und Nebenprodukte, schließen den Kreislauf der Erzeugung und Verwertung auf dem Hof. Daher werden im Sortiment neben Käse und Milchprodukten auch Lammfleisch, Wurst, Felle und Wolle und weitere Produkte aus eigener Herstellung angeboten.

2019 wurde ein neuer Stall gebaut, der zum Teil über eine erfolgreiche Crowd-Funding- Kampagne finanziert wurde.

1. PERSÖNLICHE DATEN DES LANDWIRTS

Name: Amelie and Franziska Wetzlar.

Geburtsjahr: 1979/ 1977.

Geschlecht: Weiblich/ Weiblich.

Bildung: Amelie und Franziska Wetzlar sind gelernte Milchschäferin und Schafkäserin und betreiben seit 2011 zusammen den Milchschafhof Pimpinelle.

Beruf: Vollzeit-Landwirtinnen.

2. BETRIEBSDATEN

Betriebsstandort: Milchschäferei und Schafskäserei, Amelie & Franziska Wetzlar GbR, Lindenstraße 20, 15320 Quappendorf.

Betriebsfläche in ha: 15.5 ha.

Betriebsbeschreibung: Im Mittelpunkt der Milchschäferei steht die Schaf-Herde, die im Moment ca. 60 Tiere mit Nachzucht umfasst.

Die Rasse Krainer Steinschaf ist das Milchschaf der Alpen und wurde zu Beginn direkt aus seinem Ursprungsland Slowenien importiert. Es ist eine sehr alte, robuste und widerstandsfähige Milchschafrasse und gehört zu den am stärksten vom Aussterben bedrohten Schafrassen. Der Betrieb trägt somit zum Erhalt dieser Rasse bei.

Es wird muttergebundene Lämmeraufzucht betrieben. Das heißt, dass die Lämmer bei Ihren Muttern trinken, bis sie alt genug sind, um selbst fressen zu können.

Alle Farbschläge sind in der Herde vertreten, von schwarz, über gescheckt bis weiß. Wichtig ist den Unternehmerinnen, dass die Tiere gesund und robust gegen Wind und Wetter sind und dann natürlich gute Milch geben.

So sind die Tiere den größten Teil des Jahres Tag und Nacht auf der Weide.

Nur in den Wintermonaten von Dezember bis März stehen die Tiere im neuen Offen-Stall. In dieser Zeit bekommen sie neben WiesenHeu ausschließlich Getreide und Saftfutter von Bio-Betrieben aus der Region. Auch hier sind Amelie und Franziska Wetzlar regionale Kreisläufe wichtig.

Es werden mit den Schafen ausschließlich Dauergrünlandflächen bewirtschaftet. Ein nachhaltiges Weidemanagement trägt dazu bei, den Tieren täglich gutes Grundfutter anbieten zu können.

Der Betrieb ist Mitglied in der “Arbeitsgemeinschaft Krainer Steinschafe” und dem “Schafzuchtverband Berlin Brandenburg e.V.”

Seit 2012 ist die Schafskäserei in Betrieb. Sie befindet sich im ehemaligen Back- und Waschhaus, einem restaurierten Backsteingebäude von 1920. Auf 80 Quadratmetern wird die hofeigene Schafsmilch zu verschiedenen Käsespezialitäten, Joghurt und Quark verarbeitet. Auf dem Dach der Schafskäserei befindet sich eine thermische Solaranlage, die im Sommer zum großen Teil den Warmwasserbedarf der Käserei deckt.

3. FINANZIERUNG UND ZUGANG ZU FÖRDERMITTELN

Amelie und Franziska Wetzlar hielten ihre 60 Milchschafe mit Nachzucht bis ins Jahr 2019 in einem alten Stallgebäude, welches nicht genügend Platz und vor allem nicht genügend Überdachung bot. Ziel war es, die Schafe im Winter nicht mehr in den alten Kuhställen zu halten und eine luftigere und hellere Stallung zu schaffen mit beheizbaren Tränken und auch einer deutlichen Arbeitserleichterung. Gute Gründe für einen neuen Offenstall. Dieser sollte rund 100.000 Euro kosten. Für den Bau des Stalls hatten sie bereits Förderungen und Privatkredite zugesagt bekommen, das Crowdfunding sollte dann die Finanzierungslücke zur Umsetzung des Stallbau-Projektes in Höhe von 20.000 Euro schließen.

So starteten die Unternehmerinnen unter dem Motto “Wir bringen unsere Schafe ins Trockene” am 10. April 2019 eine öffentliche Sammel-Kampagne über eine entsprechende Online-Plattform. JedeR UnterstützerIn konnte entweder einen freien Geldbetrag spenden, oder sich für einen bestimmten Beträge ein Dankeschön aussuchen. Je höher die Summe, umso größer die Gegenleistung vom Hof. Wer einen vollständigen Stall-Platz für ein Tier finanzierte, also 385 Euro, bekam als Dankeschön eine Übernachtung im Bienenwagen am Hof inklusive Käsefrühstück oder konnte das Schaf aussuchen, das ins Trockene gestellt wird und erhielt dafür ein Porträt “seiner” Schafdame. Für kleinere Beträge gab es z.B. Käse, Hofführungen oder Schafwolle. Als weiteres Dankeschön im Erfolgsfall boten die beiden den Geldgebern einen Käsereikurs an.

Die Crowdfunding-Aktion lief bis zum 26. Mai 2019. 21 514 Euro von 202 UnterstützerInnen kamen zusammen – das Crowdfunding war also erfolgreich und der Schafstall konnte finanziert werden. Parallel lag auch die finale Baugenehmigung vor, und so konnte im Herbst 2019 gebaut werden und im Winter die Tiere schon in den neuen Stall einziehen.

Mit der Finanzierung über Crowdfunding wurde folgendes erreicht:

  • Beitrag zur Finanzierung des Hofes.
  • Kundenbindung und neue Kunden finden.
  • Weitere Außenwirkung und Aufmerksamkeit.

Die beiden Unternehmerinnen sind sehr zufrieden mit dem Erreichten. Mit dem Crowdfunding bekamen Amelie und Franziska Wetzlar nicht nur das nötige Geld für den Stallbau, sondern Sie gewannen echte Unterstützer für ihr Projekt.

Ausgesprochenes Ziel der Unternehmerinnen ist es, qualitativ hochwertige und ökologische Lebensmitteln aus und für die Region des Oderbruchs und Berlin anzubieten denn, so Ihr Motto;

„Gutes Essen hält Leib und Seele zusammen!“

“Wenn Sie eine Crowdfunding-Finanzierung anstreben, raten wir Ihnen, eine gute Vorbereitung und Begleitung. Eine Crowdfundingkampagne macht Arbeit. Man muss Menschen davon überzeugen, warum sie ausgerechnet Ihr Projekt unterstützen sollen, auch wenn sie es vielleicht gar nicht kennen. Ihr Projekt muss einen wirklichen Mehrwert für die einzelnen Menschen, die Umwelt oder die Gesellschaft bieten und dass muss kurz und knackig rüber gebracht werden. …”

“Ein wichtiger Erfolgsfaktor für uns allgemein-betrieblich und auch für die Finanzierung des Vorhabens war und ist die Überzeugung und der Idealismus, mit der wir unseren Hof aufbauen. Die Menschen merken schnell, ob jemand hinter dem steht, was er oder sie tut, oder ob Ihnen etwas „verkauft“ werden soll. Seien sie „echt“ und treten sie für Ihre Überzeugungen ein! …”

4. TRAININGSBEDARF UND SCHLÜSSE

Vorhandenes Wissen und Lücken: Wichtige Kompetenzen im Beruf sind körperliche und geistige Ausdauer und eine reflektierende Einstellung. Ausgesprochenes Ziel der Unternehmerinnen ist es, qualitativ hochwertige und ökologische Lebensmitteln aus und für die Region des Oderbruchs und Berlin anzubieten.

Sie setzen auf vollumfängliche Nachhaltigkeit und Regionalität in Erzeugung und Vermarktung.

Im Gesamten und auch innerhalb des durch Crowdfunding entstandenen Beziehungen setzen die beiden Betriebsleiterinnen auf Offenheit, Kooperation, Transparenz und Kommunikation.

Die beiden sind in der Lage – sowohl online als auch im direkten Kontakt – in kurzen Beschreibungen die Stimmung und Situation des Betriebes wiederzugeben.

Neben den betrieblich-fachlichen Anforderungen sind für den Betrieb diese Fähigkeiten im Netzwerk mit Kunden, Geschäftspartnern und der lokalen Gemeinschaft sicherlich Erfolgsfaktoren.

Schlussbemerkungen: Der Milchschafhof Pimpinelle ist ein innovatives Beispiel für einen alternativen Zugang zu Finanzierungsmitteln für Landwirte. Der Betrieb nutzte Crowdfunding, um einen Offenstall zu finanzieren.

Grundlage dafür, mit einem Hofkonzept mehr als 200 Menschen zu erreichen und zu überzeugen ist ein hoher Qualitätsanspruch im Umgang mit Mensch, Natur und Tier sowie große Transparenz nach außen und Freude in Kommunikation und Kundenbeziehung.

Amelie und Franziska Wetzlar sind kreativ und experimentierfreudig und die beiden haben sich mit Leidenschaft für die Landwirtschaft entschieden. Sie tragen diese Leidenschaft auch nach außen in ihr Umfeld.

Mit dieser Art der innovativen Finanzierung wurde damit neben der reinen Finanzierung eines Teilprojektes des Hofes auch eine zusätzliche gute Außenwirkung erzielt.

Das Crowdfunding war insofern ein geeignetes Instrument, um finanzielle Unterstützung zu erhalten und gleichzeitig Bewusstsein für die hofeigenen Produkte und darüber hinaus auch für nachhaltige Landwirtschaft allgemein zu schaffen und zu verbreiten.